Im Mittelalter am „Hohen Ufer“ der Leine entlang des Nord-Süd-Handelswegs gegründet, blühte Hannover auf, als es 1636 Residenz der Welfen und seit 1814 des Königreichs Hannover wurde. Der historischen Altstadt mit der Marktkirche und dem Alten Rathaus in Backsteingotik fügten sich nun das Schloss – heute Sitz des Niedersächsischen Landtages – und Opernhaus als klassizistische Prachtbauten an. Die 1866 erfolgte preußische Okkupation begünstigte die industrielle Entwicklung, brachte aber auch den Ruf der Provinz mit sich. Dabei entstanden viele Erweiterungen, Parkanlagen, Museen und zahlreiche das Stadtbild prägende Bauten, wie das Neue Rathaus und die Stadthalle (heute HCC).
Nach starken Zerstörungen im 2. Weltkrieg gingen die Hannoveraner tatkräftig daran, ihre Stadt wieder aufzubauen und noch lebenswerter zu machen. Moderne Kunst, wie die Haltestellen der Stadtbahn, der Hellebardier am Maschsee und die Nanas am Leineufer prägen das Straßenbild. Aber die Hannoveraner machen „nicht viel Aufhebens“ und blieben sich trotz Messen und Kongressen meist selbst genug, bis sich die ganze Stadt mit der EXPO2000 endgültig der internationalen Welt öffnete.
Im Mai 2024 wollen wir allen Lions und Leos aus dem In- und Ausland zeigen, wie schön, modern und kunstsinnig unsere Stadt und Region sind. Angefangen von den historischen Herrenhäuser Gärten mit dem Prunkstück des zur Zeit von Kurfürstin Sophie und Leibniz angelegten Barockgartens über Stadtführungen bis zum Erlebnis-Zoo bieten wir ein umfangreiches Rahmenprogramm. Dazu gehören auch die berühmten Museen mit klassischer und moderner Kunst sowie Karikaturen. Das Sprengel Museum z.B. besitzt 450 Picassos und zeigt Exponate wie den Merz-Bau von Kurt Schwitters, das Kabinett der Abstrakten von El Lissitzky und die Skulpturen, die Niki de Saint-Phalle der Stadt schenkte.
Hannover ist „aufregend unaufgeregt“. Buntes Leben herrscht in den Einkaufszonen, in der Altstadt rund um den Ballhofplatz, auf dem Flohmarkt am Hohen Ufer, auf dem Opernplatz und beim Open Air Jazz am 9. Mai vor dem Neuen Rathaus. Lust auf Hannover? Herzlich willkommen!
Hannover im Spiegel der Literatur
Als Hannover vor 100 Jahren die Hauptstadt der künstlerischen Avantgarde war, schrieb Kurt Schwitters sein Gedicht REVONNAH:
Die Hannoveraner sind die Bewohner einer Stadt, einer Großstadt. Hundekrankheiten bekommt der Hannoveraner nie. Hannovers Rathaus gehört den Hannoveranern, und das ist doch wohl eine berechtigte Forderung. Der Unterschied zwischen Hannover und Anna Blume ist der, daß man Anna von hinten und von vorn lesen kann, Hannover dagegen am besten nur von vorne. Liest man aber Hannover von hinten, so ergibt sich die Zusammenstellung dreier Worte: "re von nah". Das Wort "re" kann man verschieden übersetzen: "rückwärts" oder "zurück". Ich schlage die Übersetzung "rückwärts" vor. Dann ergibt sich also als Übersetzung des Wortes Hannover von hinten: "Rückwärts von nah". Und das stimmt insofern, als dann die Übersetzung des Wortes Hannover von vorn lauten würde: "Vorwärts nach weit". Das heißt also: Hannover strebt vorwärts, und zwar ins Unermeßliche. Anne Blume hingegen ist von hinten wie von vorne: A-N-N-A.
(Hunde bitte an die Leine zu führen.)
Eigenwilligen Witz zeigte schon die Schilderung von Heinrich Heine (1844):
Ich kam nach Hannover um Mittagszeit,
Und ließ mir die Stiefel putzen.
Ich ging sogleich, die Stadt zu besehn,
Ich reise gern mit Nutzen.
Mein Gott! da sieht es sauber aus!
Der Koth liegt nicht auf den Gassen.
Viel’ Prachtgebäude sah ich dort,
Sehr imponierende Massen.
Besonders gefiel mir ein großer Platz,
Umgeben von stattlichen Häusern;
Dort wohnt der König, dort steht sein Palast,
Er ist von schönem Aeußern.
(Nämlich der Palast.) Vor dem Portal
Zu jeder Seite ein Schildhaus.
Rothröcke mit Flinten halten dort Wacht,
Sie sehen drohend und wild aus.
Mein Cicerone sprach: „Hier wohnt
Der Ernst Augustus, ein rechter
Englischer Tory, jagdjunkerlich stolz,
Ein hagerer Volksverächter.
Idyllisch sicher haust er hier,
Denn besser als alle Gewehre
Beschützet ihn der mangelnde Mut
Der deutschen Revolutionäre.
Als Star-Journalist lange in Hannover tätig, hat auch Hermann Löns der Stadt ein liebevoll-freches Denkmal gesetzt (1924):
Zehn Jahre ist er im Ausland gewesen,
Hat nicht gesehen den Leinestrand,
Und als er zurückkam nach Hannover,
Da hat er es fast nicht wiedererkannt.
Das Durchbruchsviertel, die Asphaltstraßen,
Die elektrische Bahn, ihm war alles neu,
Und der vordere Teil der Eilenriede,
Wo war die alte Wüstenei?
Ihm wurde ganz wild und fremd zumute,
Als er das sah, und er dachte dabei,
Es wäre ihm wirklich, als ob das gar nicht
Das alte gute Hannover noch sei.
Da sah er die aufgerissenen Straßen,
Den Grand und die Steine und Loch an Loch,
Und sprach: »Es ist doch mein altes Hannover,
Ich kenne es wieder: sie buddeln noch!«
Da darf zum Schluss Wilhelm Busch nicht fehlen, der hier am Polytechnikum – heute die Leibniz Universität – studierte und „Ein galantes Abenteuer“ erlebte.
Der Morgen graut. Ich kam per Bahn –
stolz in der Stadt der Welfen an.
Und wie ich wandle, seh' ich walten |
»Seid mir gegrüßt, ihr edlen Frauen |
»Wat het he segt?!« So tönt's im Chor. |
Ich stolpre in ein Kehrichtfaß; |
Kaum rett' ich mich, schon halb verdroschen, |
Das hemmt der Besengarde Lauf. |
So geht's! – Bei Damen sollst du fein
gar niemals nicht ironisch sein.